Von Philipp Magiera
Katastrophenhochwasser oder Jahrhunderthochwasser treten nicht erst auf, seitdem der Mensch in die Kreisläufe der Ökosysteme einzugreifen begonnen hat. Auch vor Jahrtausenden gab es in Mitteleuropa schon Hochwasser, von denen jedoch selten Zeugnisse in Form von menschlichen Berichten oder in der Natur zurückgelassenen Spuren existieren. Dies ist in ariden Gebieten anders, denn durch die geringere Verwitterung und die fehlende Überdeckung durch die Vegetation erhalten sich Hochwassermarken dort über Jahrtausende. Man ist also in unseren Breiten bis zum Beginn menschlicher Aufzeichnungen zum Hochwassergeschehen auf Rückschlüsse aus dem Wissen über Vegetation und menschliche Betätigung angewiesen.
Vom Ende der letzten Eiszeit bis zum Beginn der römischen Kaiserzeit war Mitteleuropa von Laubwald bedeckt. Da Wald ein großes Rückhaltepotential hat, werden die Hochwasser in dieser Zeit gedämpfter gewesen sein als heute. Mit der römischen Besatzung begann auch eine Rodung weiter Gebiete. Im Früh- und Hochmittelalter war die Ausdehnung der landwirtschaftlich genutzten Flächen maximal, es wurde hauptsächlich Getreide angebaut. Im Spätmittelalter verschob sich die Nutzung zugunsten der Viehhaltung, damit begann eine Erosionsphase, die einmalig in der Geschichte Mitteleuropas ist. Durch den Verlust des Niederschlagsspeichers Wald kommt es zu großen Hochwasserereignissen. In vielen Chroniken wird vor allem das Hochwasser vom Sommer 1342 erwähnt, dessen Folgen verheerend waren und an denen die Menschen lange zu leiden hatten. Da durch die große Bodenerosion durch Hochwasser die Nahrungsgrundlage der Bevölkerung immer kleiner wurde, begann schon im Spätmittelalter die Hinwendung zu bodenschonenderer Landwirtschaft und vor allem zu Aufforstungen, die ihren Höhepunkt im 17. und 18. Jahrhundert erreichten.
Auch in dieser Zeit gab es jedoch Hochwasser, wie in unserer Hochwasser-Ausstellung beispielhaft an den Wasserständen des Neckars bei Eberbach auf einem Poster erläutert wird. Dargestellt sind die neun größten Hochwasser, seit in Eberbach Aufzeichungen - vor allem in Form von Hochwassermarken an Gebäuden - gemacht werden. In der folgenden Tabelle werden sie nochmals mit ihren Ursachen zusammengefaßt.
Jahr Wasserstand Ursache des Hochwassers in Meter
1824 11,94 Regen 1789 11,28 Gewitterregen 1784 11,07 Eisgang 1817 10,28 Regen 1651 10,10 Schneeschmelze, Eisgang 1744 10,00 Regen 1529 9,90 Regen 1882 9,40 Regen auf Schnee 1993 9,26 Regen
Es wird dabei deutlich, daß diese großen Hochwasser Ursachen haben, die nicht oder nur in geringem Maße vom Menschen beeinflußt werden können. Selbstverständlich abgesehen von unseren möglichen Einwirkungen auf das Klima, die aber erst seit Anfang dieses Jahrhunderts eine Rolle spielen können. Auch in vergangenen Jahrhunderten gab es also intensive Starkregen, die den Neckar anschwellen ließen, oder große winterliche Kälte, die den Neckar zufrieren ließ. Während der Schneeschmelze bildeten sich dann Barrieren aus Eisschollen im Fluß, die das Schmelzwasser aufstauten und zu Hochwasser führten.
Der Einfluß des Klimas auf die Entstehung sehr großer Hochwasser ist also dominierend, Mega-Hochwässer werden auch ohne menschliches Tun in der Zukunft vorkommen. Wir müssen lernen, uns damit zu arrangieren und die materiellen Schäden durch Freihalten der Überschwemmungsgebiete so gering wie möglich zu halten.
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